Roland Hettner erlebte seine früheste Jugend in Florenz. Sein Vater, der Dresdener Maler und Bildhauer Otto Hettner, lebte dort bis 1911. Der junge Hettner befaßte sich anfangs mit Keramik, entschied sich aber dann bald für die Malerei. Von Heinrich Campendonck erlernte er an der Düsseldorfer Akademie die Beherrschung des aus Farbflächen komponierten Figurenbildes, das ihm später in Mailand wohl auch durch Carlo Carrä wieder nähergebracht wurde.
In Dresden beschäftigte ihn nach 1927 die gesellschaftskritische Zeichnung von Otto Dix. Dort sah er 1932 dessen Triptychon Der Krieg entstehen. Da der Vater zu Beginn der zwanziger Jahre Präsident der Dresdener Akademie war, scheint seinen Sohn Oskar Kokoschka, der bis 1923 an ihr lehrte, beeindruckt zu haben. Jedenfalls fließen diese frühen künstlerischen Erfahrungen in den Werken Roland Hettners aus der Mailänder Zeit seit 1936 zusammen. Die 1933 erfolgte Amtsenthebung von Dix, dessen Meisterschüler er war, die Tatsache, daß seine Frau jüdischer Herkunft war, und der bevorstehende Ausschluß aus der Reichskammer der bildenden Künste - dies hätte für ihn Ausstellungsverbot bedeutet - hatten die Emigration nahegelegt.
Neben ruhigeren großflächigen Kompositionen erscheint die Zerrissenheit der Zeit in Zeichnungen von großer Dramatik. Unmittelbar nach Ausbruch des Krieges 1939 malte er den visionären Hundefries, auch Ursprung und Ergebnis des Krieges betitelt. In einer wüsten Landschaft, die entfernt an die Schlachtfelder von Dix erinnert, zerfleischen sich verschiedenfarbige Hunde gegenseitig, rechts und links im Hintergrund liegen bereits einige tot da, vorn links schleicht ein weißer Hund erschöpft davon, vorn rechts versucht ein schwarzer dem Gemetzel zu entkommen. Es stellt sich die Assoziation ein, daß die Hundegruppe den Zustand Europas widerspiegelt, daß die einzelnen Hunde die Länder Europas sind, in dessen Mitte sie sich gegenseitig zu zerfleischen suchen. Der Hundefries ist das letzte große Kriegsbild in der Nachfolge der Kriegsbilder des Ersten Weltkriegs.
Nach dem Ende des Zweiten war kein Kriegsbild dieser Art mehr möglich: Das Ausmaß von Tod und Zerstörung hatte sich ins Absurde gesteigert, der ungeheuerliche Genozid schloß den Begriff des Absurden aus. So ist es einsichtig, daß auch Hettner, wie so viele andere nach Kriegsende, auf jede Form einer realistischen Malerei verzichtete. Jedoch wandte er sich nicht der Abstraktion zu, wie die meisten deutschen Maler nach 1948, sondern verzichtete gänzlich auf die Malerei, um wieder Keramiken zu machen. Erst nach 1958 schuf er ein malerisches Alterswerk.
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